Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) führen zum 1. Januar 2027 ein verpflichtendes, strukturiertes E-Invoicing-System auf Basis des Peppol International Invoice (PINT) ein. Mit dieser Reform treibt die Federal Tax Authority (FTA) die digitale Transformation des Landes entscheidend voran.
Ziel ist es, Transparenz, Automatisierung und Interoperabilität im Rechnungswesen und Steuerprozess zu fördern – sowohl im Inland als auch im internationalen Handel.
Unternehmen werden künftig Rechnungen und Gutschriften im standardisierten XML-Format (PINT AE) über akkreditierte Peppol-Service-Provider nahezu in Echtzeit an Geschäftspartner und die FTA übermitteln.
Damit entsteht ein modernes, interoperables System, das Compliance-Sicherheit, Effizienz und digitale Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen stärkt.
Hintergrund & gesetzlicher Rahmen
Die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung ist Teil der umfassenden Digitalisierungsstrategie der VAE-Regierung. Ab dem 1. Juli 2026 beginnt die Pilotphase, gefolgt von einer stufenweisen verpflichtenden Einführung.
Die gesetzliche Grundlage bildet das VAE E-Invoicing Framework, das auf dem internationalen Peppol-Netzwerk basiert. Herzstück ist das PINT AE-Format, eine landesspezifische Spezialisierung des internationalen E-Rechnungs-Standards.
Das 5-Corner-Modell (DCTCE Framework)
Das VAE E-Invoicing Framework basiert auf dem internationalen Peppol-Netzwerk und nutzt das sogenannte 5-Corner-Modell („Digital Compliance Tax Core Environment – DCTCE“). Dieses Modell gewährleistet den sicheren, standardisierten Austausch elektronischer Rechnungen zwischen Lieferant, Käufer, deren jeweiligen akkreditierten Service Providern und der Federal Tax Authority (FTA).
- Corner 1 – Lieferant:
Der Lieferant erstellt die Rechnung in seinem ERP- oder Buchhaltungssystem und übermittelt die Daten an seinen akkreditierten Service Provider. - Corner 2 – Access Point des Lieferanten:
Der Service Provider prüft die Rechnung auf Einhaltung der VAE-PINT-Spezifikationen und sendet sie nach erfolgreicher Validierung über das Peppol-Netzwerk weiter. - Corner 3 – Access Point des Käufers:
Über das Peppol-Verzeichnis wird die Identität des Empfängers bestätigt und die Rechnung wird verschlüsselt an den Service Provider des Käufers übertragen. - Corner 4 – Käufer:
Der Service Provider des Käufers stellt die Rechnung automatisch im ERP-System des Käufers bereit.
Dadurch können manuelle Eingaben entfallen und der Rechnungsprozess wird vollständig digitalisiert. - Corner 5 – Federal Tax Authority (FTA):
Der Service Provider des Lieferanten übermittelt relevante Rechnungsdaten-Auszüge nahezu in Echtzeit an die FTA.
So wird die steuerliche Compliance sichergestellt und eine transparente Überwachung ermöglicht.
Das 5-Corner-Modell der VAE basiert auf den Prinzipien des 4-Corner-Modells, das wir in einem vorherigen Blogartikel von Aleksandar Lukic und Felix Löffler ausführlich beschrieben haben. Lesen Sie hier mehr dazu.
Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern besteht keine Pre-Clearance-Pflicht, d. h. Rechnungen müssen nicht vorab von der Behörde genehmigt werden, sondern werden parallel an Geschäftspartner und FTA übermittelt.

Was ist das PINT-Modell?
Das Peppol International Invoice (PINT) Modell ist ein internationales E-Invoicing-Format, das auf der Europäischen Norm EN 16931 basiert und weltweit eingesetzt wird.
Es ermöglicht, elektronische Rechnungen standardisiert, interoperabel und rechtskonform zwischen Unternehmen, Behörden und Ländern auszutauschen.

Aufbau und Schichtenmodell
Das PINT-Modell gliedert sich in drei Ebenen:
- Shared Content – universelle Elemente (z. B. Rechnungsnummer, Betrag, Datum)
- Aligned Content – international abgestimmte, aber lokal anpassbare Konzepte (z. B. Steuerkategorien, Zahlungsbedingungen)
- Distinct Content – landesspezifische Anforderungen (z. B. VAE-MwSt-Regeln oder Freizonenangaben)
Semantisches Modell & Business Rules
Das semantische Modell definiert Data Terms (DT) und Data Groups (DG), um eine eindeutige Datensprache sicherzustellen.
VAE-spezifische Regeln wie IBR-148-AE schreiben etwa vor, dass die MwSt-Nummer (TIN) zehnstellig ist und mit „1“ beginnt.
Verbindliche Codelisten regeln MwSt-Kategorien, Währungen und Abrechnungsfrequenzen.
Diese Standardisierung ermöglicht die automatische Validierung, den Abgleich und die Buchung von Rechnungen, wodurch Prozesse effizienter und fehlerärmer werden.
Anwendungsbereich & Implementierungsphasen in den VAE
Das E-Invoicing-Mandat betrifft grundsätzlich alle Unternehmen, die B2B- oder B2G-Transaktionen innerhalb der VAE durchführen.
B2C-Rechnungen (an Endverbraucher) sind zunächst ausgenommen, könnten aber zu einem späteren Zeitpunkt folgen.
Die Umsetzung erfolgt gestaffelt nach Unternehmensgröße und dem Jahresumsatz des jeweils zuletzt abgeschlossenen Geschäftsjahres, um eine reibungslose Einführung zu gewährleisten.
| Unternehmensgröße / Umsatz | Beginn der verpflichtenden Einführung |
| Freiwillige Teilnahme / Pilotphase | ab 1. Juli 2026 |
| Große Unternehmen (≥ AED 50 Mio. Jahresumsatz) | 1. Januar 2027 |
| Kleine und mittlere Unternehmen (< AED 50 Mio.) | 1. Juli 2027 |
Diese gestufte Vorgehensweise ermöglicht es, technische Herausforderungen frühzeitig zu identifizieren, Service Provider zu zertifizieren und Pilotprogramme durchzuführen.
Parallel unterstützt die FTA den Markt durch Schulungen, Compliance-Tests und Leitfäden, um Unternehmen bei der Implementierung zu begleiten.
Auswirkungen auf Unternehmen
Die Einführung des E-Invoicing-Systems mit dem PINT-Modell bringt für Unternehmen technische und organisatorische Anpassungen mit sich.
Bestehende ERP-Systeme (z. B. SAP, Oracle, Microsoft Dynamics) müssen um Funktionen für elektronische Rechnungsformate, Signaturen und Peppol-Schnittstellen ergänzt werden.
Auf operativer Ebene werden Rechnungsprüfung, Freigabe und Archivierung digitalisiert und automatisiert.
Langfristig profitieren Unternehmen von:
- Effizienteren Prozessen
- Weniger manuellen Eingriffen
- Reduzierter Fehlerquote
- Schnelleren Zahlungszyklen
Die einheitliche Datenbasis verbessert zudem Transparenz und Nachvollziehbarkeit gegenüber der FTA, was die steuerliche Compliance erleichtert.
Wichtig ist, dass Unternehmen frühzeitig Verantwortlichkeiten festlegen, Mitarbeitende schulen und technische Tests durchführen, um fristgerecht startklar zu sein.
Vorteile des PINT-Modells für die VAE
Mit dem PINT-Modell setzen die VAE auf eine internationale, interoperable Lösung, die den grenzüberschreitenden Handel erleichtert.
Da Peppol bereits in zahlreichen Ländern etabliert ist, profitieren VAE-Unternehmen von einer hohen Kompatibilität und einem einheitlichen Datenstandard.
Weitere Vorteile:
- Standardisierte Formate reduzieren Fehler und Datenverluste
- Automatisierter Austausch zwischen Unternehmen und Behörden
- Erhöhte Transparenz und digitale Nachvollziehbarkeit
- Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
Fazit
Die Einführung des E-Invoicing-Systems in den Vereinigten Arabischen Emiraten markiert einen entscheidenden Schritt in der Digitalisierung von Steuer- und Unternehmensprozessen.
Mit dem PINT AE-Modell schafft die FTA ein System, das Rechtssicherheit, Interoperabilität und Effizienz vereint.
Auch wenn die Umstellung kurzfristig Investitionen erfordert, bietet sie langfristig erhebliche Vorteile: Standardisierte Prozesse, weniger manuelle Arbeit, bessere Compliance und eine stärkere Wettbewerbsposition.
Wer frühzeitig handelt, kann die Einführung des E-Invoicing nicht nur als Pflicht, sondern als strategische Chance zur Digitalisierung seiner Finanzprozesse nutzen.
Unternehmen stehen weltweit vor ähnlichen Herausforderungen bei der Einführung digitaler Rechnungs- und Meldesysteme. Unsere Erfahrung aus zahlreichen E-Invoicing- und Peppol-Projekten hilft dabei, solche Veränderungen strukturiert und zuverlässig umzusetzen. Wenn Sie Unterstützung bei der Vorbereitung oder Umsetzung benötigen, stehen wir gerne für ein unverbindliches Gespräch zur Verfügung.




