Ab dem 04.04.2025 wird der deutsche Energiemarkt eine bedeutende Neuerung erleben: Der technische Lieferantenwechsel, der bisher bis zu 8 Werktage in Anspruch nahm, soll nun werktags innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Diese Reform zielt darauf ab, den Wechsel des Energieversorgers für Verbraucher erheblich zu erleichtern und zu beschleunigen.
Was muss bei der Einführung beachtet werden?
Eine einfache Straffung der Fristen in den bestehenden Prozessen reicht nicht aus, um die Anforderungen des 24-Stunden-Lieferantenwechsels (LFW24) umzusetzen. Daher muss der gesamte Prozess optimiert und überarbeitet werden.
Um den schnellen Wechsel zu ermöglichen, ist eine Anpassung und Modernisierung der IT-Systeme und Prozesse der Energieversorger und Netzbetreiber notwendig. Für die Umsetzung müssen die Prozesse strukturellen Änderungen unterzogen werden, einschließlich der Aufteilung und Modularisierung sowie der Integration von Abrechnungs- und Bilanzierungsdaten.
Welche Änderungen bringt der LFW24 mit?
Neben der Einführung des beschleunigten Lieferantenwechsels durch Straffung der Fristen müssen weitere Prozessänderungen vorgenommen werden. Die Änderungen beziehen sich auf die Sparte Strom. Gas bleibt unverändert.

Abb. 1: Änderungen des LFW24 Quelle: Anwendungshilfe Einführungsszenario zum LFW24
Warum wird der Prozess verkürzt?
- Reduktion des Umsetzungs- und Pflegeaufwands der Prozesse durch die Marktpartner
- Erhöhung der Klarheit der prozessualen Vorgaben
- Erhöhung der Qualität der Daten und der Resilienz der Prozesse (BK6-22-024, Beschluss vom 21.03.2024 )
Die GPKE (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität) wurde im Rahmen des beschleunigten Lieferantenwechsel in vier Teile aufgeteilt.

Abb. 2: Aufbau der GPKE ab 04.04.2025
In diesem Blogbeitrag erfährst du, welche spezifischen Änderungen innerhalb der GPKE auf die beteiligten Marktpartner zukommen mit Fokus auf den Prozessen.
Hinweis: Die im Text verwendeten Abkürzungen entsprechen den in der GPKE definierten Begriffen. (GPKE Teil 1 – Einführende Prozessbeschreibung, Anlage 1a zur Festlegung BK6-22-024)
Was ändert sich auf der Prozessebene mit dem 04.04.2025?
1. Vorbereitende Prozesse
Neu hinzu kommt die Ermittlung der MaLo-ID. Dieser Prozess erfolgt technisch per API-Schnittstelle. Um eine Kündigung oder einen Lieferbeginn zu starten muss der LF die erforderlichen Identifikationskriterien Name, Adresse, Lieferstelle, Zählernummer und MeLo-ID angeben. Der NB muss innerhalb von 2h nach Erhalt der Anfrage antworten.
Die darauffolgende Kündigung läuft im Wesentlichen ab wie bisher. Sie wird auf erzeugende MaLos und Tranchen ausgeweitet. Das Kündigungsdatum muss in der Zukunft liegen.
2. Zuordnungsprozesse

Abb. 3: Möglicher Ablauf der 24 Stunden
Auf die Anmeldung einer Zuordnung (Lieferbeginn) des LFN zu einer MaLo oder Tranche beginnt mit dem folgenden Tag die 24h Frist. Die Information über die bestehende Zuordnung muss spätestens 7:00 Uhr des 1. WT nach ÜT der Anmeldung eingehen. Parallel dazu schickt der NB die Abmeldungsanfrage an den LFA. Eine Antwort muss bis spätestens 9:00 Uhr eingehen. Bis spätestens 11:00 Uhr muss die Zuordnung/Ablehnung des NB an den LFN eingehen.
Der Prozess der Neuanlage, der bisher in den Lieferbeginn integriert war, wird ab April als eigenständiger Prozess ausgeführt.
Der Prozess Lieferende LF an NB bleibt im Wesentlichen bestehen. Hier werden die Fristen geschärft. Die Anmeldung muss unverzüglich, spätestens am Tag vor dem letzten WT vor Zuordnungsende vorgenommen werden.
Die Prozessdarstellung für Lieferende NB an LF wurde signifikant überarbeitet und die Rollen LFZ, MSB und MSBZ in die Darstellung aufgenommen. Die Fristen der Abmeldung unterschieden sich nach Grund der Abmeldung, dürfen aber nicht in der Vergangenheit liegen.
3. Ergänzende Prozesse
Neu hinzu kommen die Prozesse zur Übermittlung der Abrechnungsdaten der Netznutzungsabrechnung und Bilanzkreisabrechnung. Ausgelöst werden die Prozesse parallel durch die initiale Zuordnung der MaLo oder der Beendigung einer Zuordnung, einer Änderung in den bereits übermittelten Daten oder bei Datenschiefstand aus Sicht des NB.
Aus Sicht MAKO wird hier die initiale Übermittlung im Rahmen der Anmeldung und die SDÄ zusammengeführt. Der NB teilt dem LF (und ÜNB, wenn Bilanzkreisabrechnung relevant) die Abrechnungsdaten der Marktlokation mit der Gültigkeit zum Zuordnungsbeginn mit. Die Frist ist bis 00:00 Uhr des 1. WT des ÜT der auslösenden Meldung und beendet somit die 24 Stunden. Die Übermittlung der Abrechnungsdaten der Bilanzkreisabrechnung ersetzt die Stammdatensynchronisation.
In beiden Prozessen prüft der Empfänger die übermittelten Daten und gibt eine Qualitätsrückmeldung. Erwartet er andere Daten, kann er diese als Änderungsvorschlag schicken. Zur Bestellung einer Änderung von Abrechnungsdaten LF/ÜNB an NB wird ein neuer Prozess eingeführt. Kommt es zu einer Anpassung durch den NB, werden die Prozesse zur Übermittlung von Abrechnungsdaten NNE bzw. Bilanzkreisabrechnung erneut gestartet. Erst hierdurch werden die angepassten Daten gültig für die Abrechnung.
4. Weitere Stammdatenprozesse
Teil 4 der GPKE beschäftigt sich mit den Stammdatenänderungen. Auch hier fallen die Änderungen umfangreich aus. Das bestehende GPKE-Kapitel wurde umfassend überarbeitet und die Verantwortung der Rollen klar dargestellt.
Die Kernessenz: Der Netzbetreiber ist nicht mehr Datendrehscheibe und somit verantwortlich für die Information der übrigen beteiligten Marktpartner!
Analog zur Übermittlung sind Meldungen des verantwortlichen Marktpartners zum Bearbeitungsstand vorgesehen, wenn der Empfänger einen abweichenden Inhalt erwartet. Dadurch ergibt sich der Prozess Bestellung zur Stammdatenänderung.
Der neue Prozess Stammdaten zur Bilanzkreistreue zwischen NB und ÜNB für MaLos und Tranchen mit Bilanzierung auf Basis von ¼ Werten ersetzt die Stammdatensynchronisation. Trigger ist die Übermittlung der Abrechnungsdaten zur Bilanzkreisabrechnung.

Abb. 4: Übersicht Prozessveränderungen
Welche Änderungen außerhalb der GPKE kommen auf uns zu?
- Neben den Änderungen in der GPKE wurde auch die WiM einigen Änderungen unterzogen. Diese soll zukünftig in zwei Teile aufgegliedert werden.
Teil 1: Fokus Basisprozesse (Inhalt bisher in Kapitel I und II)
Teil 2: Übermittlung von Werten (Inhalt bisher in Kapitel III)
- Durch die Integration der Prozesse von Erzeugern in der WiM und GPKE werden die Wechselprozesse für Einspeisestellen (MPES) aufgehoben.
- Neben Prozessanpassungen bringt der LFW24 auch neue EDIFACT Formate. Umfassend werden UTILMD für Strom angepasst und im Kontext der erforderlichen Fristanpassung für CONTRL und APERAK wird auch die Anerkennungsmeldung (positive APERAK) eingeführt!
Fazit
Der 24-Stunden-Lieferantenwechsel bietet den Energieversorgern und Netzbetreibern eine Vielzahl an Chancen. Durch die drastische Verkürzung der Wechselzeit können Prozesse effizienter gestaltet und die Kundenzufriedenheit erheblich gesteigert werden. Dies ermöglicht eine schnellere Reaktion auf Kundenanfragen und eine höhere Flexibilität im Markt. Zudem führt die Modernisierung und Optimierung der IT-Systeme zu einer verbesserten Datenqualität und Prozessresilienz. Allerdings stellt die Umsetzung dieses schnellen Lieferantenwechsels auch eine erhebliche Herausforderung dar, da umfassende Änderungen in fast allen Bereichen und für alle Marktpartner notwendig sind.
Bei Fragen zur Umsetzung des 24-Stunden-Lieferantenwechsels kannst du gerne auf uns zukommen. adesso orange unterstützt dich mit umfassender Beratung und fachlicher, sowie technischer Unterstützung, um die Herausforderungen erfolgreich zu meistern.