6. August 2025

E-Rechnung in Belgien: Mit Peppol und SAP DRC gut aufgestellt

Die Digitalisierung von Steuer- und Rechnungsprozessen schreitet europaweit kontinuierlich voran. Auch Belgien nimmt in dieser Entwicklung eine zunehmend aktive Rolle ein. Das Land ist auf dem Weg zur digitalen Rechnungsnation. Mit einem klaren Fokus auf das Peppol-Netzwerk und eindeutigen gesetzlichen Vorgaben hat das Land den elektronischen Rechnungsaustausch zu einem strategischen Digitalisierungstreiber gemacht – sowohl im öffentlichen Auftragswesen als auch perspektivisch im B2B-Bereich.

E-Rechnungen im öffentlichen Sektor bereits Pflicht

Bereits seit 2019 gilt in Belgien eine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung im Business-to-Government-Bereich (B2G). Unternehmen, die Rechnungen an öffentliche Auftraggeber wie Ministerien, Behörden oder Kommunen stellen, müssen diese über das Peppol-Netzwerk in strukturierter elektronischer Form übermitteln. Ziel ist es, einen sicheren und standardisierten Austausch zu ermöglichen – unabhängig von den eingesetzten IT-Systemen.

Mit dem königlichen Erlass vom 9. März 2022 wurde diese Verpflichtung ausgeweitet. Ab dem 1. Januar 2026 müssen alle Unternehmen, unabhängig von Größe oder Rechtsform, elektronische Rechnungen an öffentliche Stellen senden. Auch Kleinstunternehmen und Freiberufler, die nur gelegentlich mit Behörden zusammenarbeiten, sind davon betroffen. Die Maßnahme soll die Effizienz erhöhen, Prozesse vereinheitlichen und die Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen verbessern.

Verpflichtende E-Rechnung auch im B2B-Bereich ab 2026

Mit dem Gesetz vom 6. Februar 2024 hat Belgien die Einführung einer verpflichtenden elektronischen Rechnung im inländischen Business-to-Business-Bereich (B2B) beschlossen. Ab dem 1. Januar 2026 sind alle belgischen Unternehmen verpflichtet, bei inländischen B2B-Geschäften strukturierte elektronische Rechnungen auszustellen.

Ausgenommen von dieser Pflicht sind Unternehmen, die sich in einem laufenden Insolvenzverfahren befinden sowie solche, die umsatzsteuerlich in Belgien registriert, aber dort nicht niedergelassen sind.

Als technischer Standard ist das Peppol-Netzwerk mit dem Format Peppol BIS Billing 3.0 als sogenannter „Common Denominator“ definiert. Diese Vorgabe wurde mit dem königlichen Erlass vom 14. Juli 2025 offiziell bestätigt und im Belgischen Staatsblatt, dem offiziellen Amtsblatt des Königreichs Belgien, veröffentlicht. Der Erlass konkretisiert die Anforderungen an Semantik, Syntax und Übertragungsweg und bekräftigt den verbindlichen Starttermin zum 1. Januar 2026.

Belgien verfolgt hierbei einen Dual-Track-Ansatz: Während Peppol als Standard vorgesehen ist, dürfen Unternehmen bei gegenseitigem Einverständnis auch alternative Formate und Übertragungswege nutzen. Das richtet sich insbesondere an große Unternehmen mit bestehenden EDI-Infrastrukturen – jedoch ist deren Einsatz mit erhöhtem technischen Aufwand verbunden, etwa durch Mapping, zusätzliche Validierungsschritte oder Reporting-Anpassungen, um die Konformität mit der EU-Norm EN 16931 sicherzustellen.

Sanktionen bei Nichteinhaltung

Der königliche Erlass enthält zudem neue Sanktionsregelungen: Unternehmen, die nicht über die technischen Voraussetzungen für den Versand und Empfang von Peppol-konformen E-Rechnungen verfügen, drohen pauschale Geldbußen:

  • 1.500 EUR beim ersten Verstoß
  • 3.000 EUR beim zweiten Verstoß
  • 5.000 EUR ab dem dritten Verstoß

Vor dem Inkrafttreten weiterer Sanktionen wird jeweils eine dreimonatige Übergangsfrist gewährt, um notwendige Systemanpassungen vorzunehmen.

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft das Rundungsverhalten: Ab dem 1. Januar 2026 darf bei E-Rechnungen nur noch auf den Gesamtbetrag je Mehrwertsteuersatz gerundet werden – positionsbezogenes Runden ist künftig unzulässig. Unternehmen, deren ERP- oder Abrechnungssysteme bislang auf positionsbasierte Rundung ausgelegt sind, müssen ihre Systeme technisch anpassen.

Darüber hinaus bestätigt der Erlass, dass das Peppol-Netzwerk auch als technische Grundlage für das künftige E-Reporting-System dienen soll. Diese nahezu echtzeitbasierte digitale Meldelösung ist für das Jahr 2028 geplant und soll alle inländischen Transaktionen abdecken.

Insgesamt orientiert sich das belgische Modell stark an den Entwicklungen auf EU-Ebene. Ziel ist es, die Vorteile strukturierter E-Rechnungen – wie automatisierte Verarbeitung, beschleunigte Zahlungsprozesse, höhere Transparenz und die effektivere Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug – auch im privaten Sektor nutzbar zu machen. Gleichzeitig schafft Belgien frühzeitig die Voraussetzungen für die EU-weiten Vorgaben im Rahmen von „VAT in the Digital Age“ (ViDA).

Wie funktioniert Peppol?

Peppol (Pan-European Public Procurement Online) ist ein europaweit etabliertes System für den sicheren und strukturierten Austausch von elektronischen Geschäftsdokumenten – unter anderem für E-Rechnungen. Es wurde ursprünglich für den öffentlichen Sektor entwickelt, kommt aber zunehmend auch im B2B-Bereich zum Einsatz.

Der große Vorteil von Peppol ist, dass Unternehmen und Behörden miteinander kommunizieren können, ohne dieselbe Software oder technische Infrastruktur nutzen zu müssen. Stattdessen sind sie über sogenannte Peppol Access Points miteinander verbunden – vergleichbar mit E-Mail-Providern. Jeder Geschäftspartner benötigt lediglich einen zertifizierten Access Point, um am Netzwerk teilzunehmen. Der Zugang zu einem solchen Access Point erfolgt durch einen von Peppol akkreditierten Service Provider.

Technische Grundlagen des Modells

Die technische Grundlage dieses Modells ist das sogenannte 4-Corner-Modell, das den Dokumentenfluss zwischen Absender und Empfänger in vier Rollen unterteilt:

  • Corner 1: Der Absender des Dokuments (z. B. ein Unternehmen)
  • Corner 2: Der Access Point des Absenders
  • Corner 3: Der Access Point des Empfängers
  • Corner 4: Der Empfänger des Dokuments (z. B. ein Kunde oder eine Behörde)

Wenn ein Unternehmen eine Rechnung über Peppol versenden möchte, übergibt es diese an seinen eigenen Access Point (Corner 2). Dieser prüft, ob die Rechnung den Standards entspricht, bereitet sie technisch auf und leitet sie an den Access Point des Empfängers (Corner 3) weiter.

Zuvor wird mithilfe des Service Metadata Locators (SML) und des Service Metadata Publishers (SMP) geprüft, ob der Empfänger Peppol-fähig ist und welche Dokumenttypen er empfangen kann. Der SML, betrieben von der Europäischen Kommission, verweist dabei auf den zuständigen SMP, der die technischen Empfangsdaten des Empfängers enthält. Am Empfänger-Access Point wird die Rechnung erneut validiert und anschließend an den tatsächlichen Empfänger (Corner 4) weitergeleitet – beispielsweise direkt in dessen Buchhaltungssoftware oder ERP-System.

Abb. 1: Das 4-Corner-Modell als technische Grundlage

Das Besondere an diesem Aufbau ist: Versender und Empfänger benötigen keine direkte Verbindung zueinander. Sie kommunizieren ausschließlich über ihre jeweiligen Access Points. Peppol funktioniert somit wie ein neutraler und zuverlässiger digitaler Postdienst, der dafür sorgt, dass elektronische Dokumente unabhängig von den eingesetzten IT-Systemen strukturiert, nachvollziehbar und effizient ihren Weg vom Absender zum Empfänger finden.

SAP DRC: Die Brücke zwischen Peppol und Ihrem SAP-System

Für Unternehmen, die SAP-Systeme einsetzen, bietet SAP Document and Reporting Compliance (SAP DRC) eine leistungsstarke und zukunftssichere Möglichkeit zur Anbindung an Peppol. Die technische Umsetzung erfolgt über die SAP Business Technology Platform (BTP). Dabei werden Rechnungsdaten aus dem SAP-System entnommen, ins Peppol-konforme Format (BIS Billing 3.0) überführt und über einen zertifizierten Access Point an den Empfänger gesendet. Statusrückmeldungen zur Übertragung sind direkt im DRC-Cockpit einsehbar und verarbeitbar.

Ein besonderer Vorteil dieser Lösung ist, dass SAP einen eigenen, zertifizierten Peppol Access Point betreibt, der im Rahmen von SAP DRC ohne zusätzliche Kosten genutzt werden kann. Unternehmen müssen somit keine eigene Infrastruktur aufbauen oder betreiben, was den technischen Aufwand und die Komplexität deutlich reduziert. Weitere Informationen zu SAP DRC können Sie hier in einem anderen Blogbeitrag von uns lesen.

Hautnah am Puls der Zeit : adesso business consulting AG auf der Peppol-Konferenz in Brüssel

Am 17. und 18. Juni 2025 traf sich die Peppol-Community im Herzen Europas zur internationalen Peppol-Konferenz in Brüssel. Gemeinsam nahmen wir, Felix Löffler und Aleksandar Lukic, für die adesso business consulting AG an der internationalen Peppol-Konferenz in Brüssel teil, um die aktuellsten Entwicklungen im Bereich E-Invoicing und E-Reporting direkt vor Ort zu verfolgen und wertvolle Impulse für unsere Kunden mitzunehmen.

Abb. 2: Felix Löffler (links) und Aleksandar Lukic (rechts) auf der Peppol-Konferenz in Brüssel

Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll: Europa rückt beim Thema E-Invoicing weiter zusammen. Peppol wird dabei zur digitalen Infrastruktur für den länderübergreifenden Rechnungsaustausch. Zahlreiche Länderbeiträge, unter anderem aus Belgien, Frankreich, Polen, dem Vereinigten Königreich, Irland, Dänemark, Luxemburg und der Slowakei unterstrichen die Dynamik in der Region. Besonders spannend waren die Einblicke in nationale Umsetzungsstrategien und die Diskussionen über interoperable Lösungen – sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Sektor.

Ein zentrales Thema war die Einführung des sogenannten Peppol International Invoice (PINT)-Modells – ein neues, weltweit harmonisiertes Rechnungsformat. Dieses soll künftig den grenzüberschreitenden Rechnungsaustausch weiter vereinfachen und eine einheitliche Basis für verschiedene Länderanforderungen bieten. PINT ist so konzipiert, dass es sowohl die Anforderungen der EU-Norm EN 16931 erfüllt als auch flexibel für Nicht-EU-Märkte eingesetzt werden kann. Damit ist es ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem global standardisierten E-Invoicing-Ökosystem.

Der übergeordnete Tenor der Veranstaltung war deutlich: Interoperabilität ist der Schlüssel, um eine skalierbare, vertrauenswürdige und wirtschaftlich nachhaltige Digitalisierung des europäischen Binnenmarkts zu ermöglichen. Und Peppol ist längst mehr als ein E-Invoicing-Standard – es entwickelt sich zum digitalen Rückgrat eines modernen, standardisierten und vernetzten Europa.

Jetzt vorbereiten – E-Invoicing als Chance verstehen

Die Umstellung auf elektronische Rechnungsstellung ist in Belgien keine Option, sondern eine Pflicht. Unternehmen, die frühzeitig auf standardisierte Lösungen wie SAP DRC in Kombination mit Peppol setzen, profitieren von automatisierten Prozessen, geringeren Fehlerquoten und Prüfaufwänden, einem beschleunigten Zahlungsfluss und einer rechtskonformen Archivierung. Gleichzeitig erfordert die Einführung eine vorausschauende Planung – insbesondere mit Blick auf bestehende Buchhaltungsprozesse, technische Infrastruktur und interne Zuständigkeiten.

Auch in anderen europäischen Ländern ist die Umstellung auf E-Rechnung von hoher Relevanz. Lesen Sie hier, wie in Polen der aktuelle Stand zur Umsetzung der E-Rechnung ist. Geprägt durch den Brexit und nationale Besonderheiten verfolgt Großbritannien beim Thema E-Invoicing einen eigenständigen Weg. Unsere Kollegen Malek Aouinet und Tenito Keul erklären in ihrem Blogbeitrag, wie das Vereinigte Königreich damit umgeht.

Fazit: Die E-Rechnung wird zur Norm – handeln Sie jetzt!

Fest steht: Die E-Rechnung in Belgien wird zum neuen Standard. Wer frühzeitig handelt, sichert sich nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sondern auch einen klaren Wettbewerbsvorteil durch rechtzeitige Compliance, effizientere Prozesse und höhere Transparenz. Mit SAP Document and Reporting Compliance (SAP DRC) steht eine zuverlässige und zukunftssichere Lösung bereit, um diesen Wandel rechtssicher und nachhaltig umzusetzen.

Die adesso business consulting AG begleitet Sie auf dem gesamten Weg – von der strategischen Analyse über die technische Umsetzung in SAP bis zum Go-Live und darüber hinaus. Uns vertrauen zahlreiche Kunden bei der Einführung – lassen Sie uns gemeinsam Ihre E-Invoicing-Strategie für Belgien auf den Weg bringen: Wir machen Sie Peppol-ready!

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Ein Beitrag von:

Felix Löffler

Felix Löffler ist als Consultant im Bereich SAP S/4HANA Transformationen tätig, mit umfassender Erfahrung in der Begleitung und Umsetzung von Projekten in der Private Cloud. Sein Schwerpunkt liegt auf der kontinuierlichen Systembetreuung und der Gewährleistung eines stabilen Betriebs durch effizienten Support. Zudem beschäftigt er sich mit Fragestellungen rund um SAP DRC sowie E-Invoicing im Kontext gesetzlicher Anforderungen.
Alle Beiträge von: Aleksandar Lukic und Felix Löffler

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