22. Mai 2025

Pflicht zur E-Rechnung in Polen: Mit KSeF und SAP DRC auf der sicheren Seite

Die Digitalisierung macht auch vor dem Rechnungswesen nicht Halt – im Gegenteil: Sie schreitet rasant voran und verändert die Art, wie Unternehmen in Europa ihre Transaktionen abwickeln. Immer mehr Länder setzen auf verpflichtende E-Rechnungen, um Prozesse zu standardisieren, Steuerbetrug einzudämmen und die Verwaltung zu entlasten. Jetzt zieht auch Polen nach: Mit dem Krajowy System e-Faktur (KSeF) führt das Land eines der ambitioniertesten E-Invoicing-Systeme Europas ein.

Ab 2026 wird die Nutzung von KSeF für nahezu alle Unternehmen mit Sitz oder steuerlicher Registrierung in Polen verpflichtend. Doch was genau steckt hinter dem System? Wie funktioniert es, welche Fristen gelten – und was bedeutet das konkret für Unternehmen, die SAP im Einsatz haben?

In diesem Beitrag erfahren Sie, was KSeF für Ihre Organisation bedeutet, wie Sie Ihre SAP-Systeme über die SAP Document and Reporting Compliance (DRC) erfolgreich anbinden und warum es sich lohnt, frühzeitig aktiv zu werden. Denn wer jetzt handelt, ist nicht nur compliant, sondern profitiert auch von schlankeren Prozessen und einem klaren Wettbewerbsvorteil.

Verpflichtendes E-Invoicing in Polen

Mit dem Krajowy System e-Faktur (KSeF) schafft Polen ein zentrales, staatlich betriebenes System für den elektronischen Rechnungsaustausch. Ziel ist es, den gesamten Prozess der inländischen B2B-Rechnungsstellung, -übermittlung und -archivierung zu digitalisieren und dabei vollständig über die Plattform der Steuerbehörden abzuwickeln. Künftig werden Rechnungen im geschäftlichen Verkehr sowohl zwischen Unternehmen als auch gegenüber öffentlichen Einrichtungen verpflichtend über KSeF ausgestellt und verarbeitet.

Ein direkter Versand von Rechnungen zwischen den Geschäftspartnern wird damit abgelöst: Stattdessen werden die Rechnungen zunächst an das zentrale System übermittelt und anschließend automatisiert geprüft sowie validiert. Erst nach erfolgreicher Freigabe durch die Steuerbehörde wird das Dokument dem Empfänger zur Verfügung gestellt. Auf diese Weise entsteht ein durchgängiger, nachvollziehbarer Rechnungsfluss – nahezu in Echtzeit und vollständig unter behördlicher Kontrolle.

Die freiwillige Nutzung von KSeF ist bereits seit dem 1. Januar 2022 möglich. Ursprünglich war eine verpflichtende Einführung für den 1. Januar 2023 vorgesehen, dieser Termin wurde jedoch frühzeitig verworfen.

Der nächste geplante Starttermin am 1. Januar 2024 musste schließlich aufgrund technischer Herausforderungen und zahlreicher Rückmeldungen aus der Wirtschaft erneut verschoben werden. Die Einführung erfolgt nun stufenweise:

  • Ab dem 1. Februar 2026 müssen alle Unternehmen elektronische Rechnungen empfangen können
  • Große Steuerzahler (über 200 Millionen PLN Jahresumsatz) müssen ab diesem Zeitpunkt auch Rechnungen über KSeF versenden
  • Ab dem 1. April 2026 gilt die Ausstellungspflicht für alle übrigen Unternehmen

Von SAF-T zu KSeF: Der Wandel zur Echtzeitkontrolle

Bereits im Jahr 2016 hat Polen mit dem SAF-T-basierten JPK-Format (Jednolity Plik Kontrolny) einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung des Steuerwesens unternommen. Unternehmen waren fortan verpflichtet, ihre buchhalterischen und steuerlich relevanten Daten regelmäßig und strukturiert in elektronischer Form an die Finanzbehörden zu übermitteln. Ziel war es, Steuerprüfungen effizienter, transparenter und standardisierter durchzuführen.

Allerdings handelte es sich bei JPK um ein System zur nachträglichen Kontrolle – das heißt, die Daten wurden erst nach dem Rechnungsaustausch erfasst und überprüft. Der eigentliche Rechnungsversand erfolgte weiterhin direkt zwischen den Geschäftspartnern, unabhängig von der Steuerbehörde.

Mit KSeF geht Polen nun einen entscheidenden Schritt weiter: Statt nur Daten zu Kontrollzwecken zu sammeln, wird die Steuerverwaltung aktiv in den Rechnungsprozess eingebunden. KSeF übernimmt nicht nur die Archivierung, sondern auch die Validierung jeder einzelnen Rechnung, bevor sie an den Empfänger übermittelt werden darf. Das System wird damit zu einem zentralen Element des Rechnungsaustauschs. Ohne die Bestätigung durch KSeF gilt eine Rechnung als ungültig – sie entfaltet keine steuerliche Wirkung und kann weder beim Vorsteuerabzug noch für buchhalterische Zwecke verwendet werden.

Dieser Paradigmenwechsel markiert den Übergang von einer reaktiven Steuerkontrolle hin zu einer präventiven, digitalen Echtzeitüberwachung des Rechnungsgeschehens.

KSeF im Detail: Struktur, Funktion und Format

KSeF verarbeitet ausschließlich strukturierte elektronische Rechnungen im XML-Format FA_VAT. Dieses wird von der polnischen Steuerverwaltung bereitgestellt und regelmäßig weiterentwickelt. Die aktuelle Version, FA_VAT(3), wurde im November 2024 basierend auf einer öffentlichen Konsultation und Rückmeldungen aus der Wirtschaft veröffentlicht.

Wichtige Neuerungen dieser Version:

  • Klarere Vorgaben zur Angabe von Zahlungsfristen
  • Einführung des JST-Labels zur Identifikation lokaler Verwaltungseinheiten
  • Bietet die Möglichkeit, strukturierte Anhänge über ein neues Attachment-Element einzubinden

Nach erfolgreicher Prüfung erhält jede Rechnung eine eindeutige Identifikationsnummer. Diese Nummer dokumentiert nicht nur die Echtheit, sondern ermöglicht auch eine lückenlose Nachverfolgung. Gleichzeitig übernimmt KSeF die gesetzliche Archivierungspflicht: Rechnungen werden automatisch für zehn Jahre gespeichert. Für Unternehmen entfällt damit die Notwendigkeit einer separaten Archivierung – sie können dies jedoch ergänzend tun.

Abb. 1: Verarbeitung von E-Rechnungen im KSeF

SAP DRC und KSeF: So gelingt die technische Integration

Unternehmen, die SAP-Systeme im Einsatz haben, können die Anbindung an KSeF komfortabel über SAP Document and Reporting Compliance (DRC) realisieren. Für die SAP S/4HANA Cloud Public Edition ist dabei keine separate SAP Integration Suite erforderlich. Die technische Übermittlung an das KSeF-Portal erfolgt über die SAP Business Technology Platform (BTP), ohne dass eine zusätzliche Middleware-Komponente benötigt wird.

Dabei werden die relevanten Rechnungsdaten automatisch aus dem SAP-System extrahiert, in das von den polnischen Steuerbehörden vorgeschriebene FA_VAT-Format konvertiert und über eine gesicherte Schnittstelle (API) an das KSeF-Portal übermittelt. Rückmeldungen wie Validierungsfehler, Empfangsbestätigungen oder Statusinformationen fließen direkt zurück ins System und können dort automatisiert weiterverarbeitet werden.

Vorteile der Anbindung über SAP BTP:

  • Keine Eigenentwicklung notwendig
  • Hohe Skalierbarkeit und Wiederverwendbarkeit für andere Länder
  • Zentrale Überwachung und Fehlerhandling im DRC-Cockpit

Auf diese Weise lässt sich der gesamte E-Invoicing-Prozess nahtlos in die bestehende SAP-Landschaft integrieren – standardisiert, effizient, rechtssicher und im Einklang mit der „Keep the core clean“-Strategie.

Blick nach vorn: E-Invoicing als europäischer Standard

Die Einführung von KSeF (Krajowy System e-Faktur) in Polen ist weit mehr als eine nationale Maßnahme zur Steuervereinfachung – sie steht exemplarisch für einen grundlegenden Wandel in der europäischen Umsatzsteuerlandschaft. Immer mehr Länder verpflichten Unternehmen zur elektronischen Rechnungsstellung und zur digitalen Meldung von Transaktionen in Echtzeit oder nahezu Echtzeit. E-Invoicing wird damit zu einem zentralen Bestandteil moderner Steuer- und Compliance-Strategien.

Auch auf EU-Ebene schreitet die Entwicklung voran: Mit der Initiative „VAT in the Digital Age“ (ViDA) verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, Umsatzsteuerbetrug im grenzüberschreitenden Handel einzudämmen und gleichzeitig die administrativen Prozesse zu vereinfachen. Ein zentrales Element ist die Einführung eines einheitlichen, standardisierten Meldesystems, das auf strukturierten E-Rechnungen basiert. Dieses könnte mittelfristig verpflichtend werden und bestehende nationale Lösungen wie KSeF, das italienische SdI oder das französische Chorus Pro beeinflussen oder perspektivisch ablösen.

Die Richtung ist klar: Nationale E-Invoicing-Plattformen werden zur Norm, während sich die EU langfristig auf eine konsolidierte Infrastruktur zubewegt. Unternehmen sind gut beraten, sich frühzeitig auf diese Entwicklung einzustellen – nicht nur, um gesetzeskonform zu bleiben, sondern auch, um den digitalen Wandel aktiv mitzugestalten.

Für international tätige Unternehmen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Systemlandschaft strategisch neu auszurichten und den Fokus dabei auf folgende Handlungsfelder zu richten:

  • Entwicklung einer globalen E-Invoicing-Strategie
  • Evaluierung und Einführung skalierbarer Lösungen wie SAP DRC
  • Berücksichtigung lokaler Anforderungen und Fristen
  • Sicherstellung technologischer Flexibilität durch moderne Schnittstellen und Cloud-Architekturen

Die Digitalisierung der Umsatzsteuer ist kein vorübergehender Trend, sondern ein nachhaltiger Umbruch. KSeF ist dabei nicht nur eine neue Vorgabe, sondern ein Signal: Wer frühzeitig auf integrierte und zukunftsfähige Lösungen setzt, schafft die Basis für nachhaltige Effizienz, maximale Transparenz und einen hohen Automatisierungsgrad.

Jetzt vorbereiten – mit einem erfahrenen Partner an Ihrer Seite

Die Einführung von KSeF ist nicht nur eine regulatorische Veränderung, sondern ein strategischer Meilenstein in der Digitalisierung Ihrer Finanzprozesse. Wer frühzeitig plant, schafft die Grundlage für reibungslose Abläufe, vermeidet Risiken und nutzt die Chancen, die automatisiertes E-Invoicing bietet.

adesso business consulting ist Ihr zuverlässiger Partner auf diesem Weg. Mit umfassender Expertise in der SAP-Welt und tiefem Verständnis für die Anforderungen rund um SAP Document and Reporting Compliance (DRC) begleiten wir Sie bei der technischen Umsetzung und strategischen Planung Ihrer KSeF-Anbindung.

Unabhängig davon, ob Sie Unterstützung bei einer vorbereitenden Prozessanalyse, der Implementierung einer SAP-Lösung oder der Integration über die SAP Business Technology Platform (BTP) benötigen – wir stehen Ihnen umfassend zur Seite: praxisnah, erfahren und zukunftsorientiert. Mehr über die gesetzlichen Rahmenbedingungen und wie die digitale E-Rechnung in Deutschland erfolgreich umgesetzt werden kann, erfahren Sie in diesem ergänzenden Blogbeitrag.

Sprechen Sie uns an – wir machen Sie KSeF-ready!

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Ein Beitrag von:

Felix Löffler

Felix Löffler ist als Consultant im Bereich SAP S/4HANA Transformationen tätig, mit umfassender Erfahrung in der Begleitung und Umsetzung von Projekten in der Private Cloud. Sein Schwerpunkt liegt auf der kontinuierlichen Systembetreuung und der Gewährleistung eines stabilen Betriebs durch effizienten Support. Zudem beschäftigt er sich mit Fragestellungen rund um SAP DRC sowie E-Invoicing im Kontext gesetzlicher Anforderungen.
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